Legendäre Amateurteleskope
   Restaurierung eines Butenschön Refraktors mit der Montierung Astronom II-VS

projekt astrotech hannover    © by Wolfgang Paech
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Vor dem Schrottcontainer gerettet - die Aufarbeitung eines etwa 60-jahre alten Butenschön Refraktors

Im Jahr 2020 stand in Göttingen ein alter Butenschön Refraktor aus einem Nachlass zum Verkauf. Ich entschied mich das Teleskop vor dem Schrottcontainer zu retten und kaufte das Instrument komplett mit der Montierung für 400 Euro.

Es handelt sich um einen Refraktor der Firma Butenschön mit einer Öffnung von 90mm und einer Brennweite von ca. 1.250mm (f/13.8). Zum Lieferumfang gehörte eine Montierung, wahlweise vom Typ Astronom I-K (Achsdurchmesser 25mm), II-V (30mm Achsen) oder II-VS (ebenfalls mit 30mm Achsen).

Die Seriennummer lautet 60 825. Diese Kombination wurde von Butenschön in den Jahren zwischen 1956 bis ca. 1966 produziert und ausgeliefert. Es wurde in den Katalogen der frühen 60-ger Jahren "als für den gut situierten Herrn in höheren Kreisen" beworben.


Bei dem Objektiv handelt es sich um einen Standrad Fraunhofer mit Luftspalt. Als Zubehör gehört ein Zenitprisma und ein Okularrevolver mit 4 Mittenzwey Okularen dazu.
Georg Butenschön
Kosmos AG
Dieter Lichtenknecker
Georg Tremel
Unitron
Manfred Wachter
Witte und Nehls
Carl Zeiss
Die Firma Meade
Schaer Refraktoren

Die folgenden Bilder zeigen Details nach der Restaurierung, teilweise auch den Originalzustand von Teleskop und Montierung
 
Die Montierung vom Typ II-VS war für die damalige Zeit das Nonplusultra von Technik und Feinmechanik, denn die Stundenachse verfügte über einen elektrischen Antrieb mit 220Volt/50Hz Synchronmotor mit einem Planetengetriebe. Die Rektaszensionsachse ist mit einer Rutschkupplung ausgestattet über die - auch die bei laufendem Motor - die Achse während der Beobachtung verstellt werden kann. In Deklination gibt es eine sehr feinfühlige manuelle Feinbewegung.

Teleskop und Montierung waren auch nach ca. 65 Jahren in einem erstaunlich guten Zustand. Der Tubus und auch der Sucher sowie die Lagerböcke für das Laufgewicht und den Sucher waren stark zerkratzt und wurden neu lackiert. Die Rohrschellen wurden innen mit schwarzen selbstklebenden Velour versehen.



« « Gesamtansicht und « das Achskreuz der Montierung Astronom II-VS
 


Zuerst wurden alle Teile sorgfältig gereinigt. Die Lackierung von Sucherfernrohr und Lagerböcke erfolgte in Heimarbeit, der Teleskoptubus wurde professionell in einer KFZ Werkstatt lackiert.

Die Rohrschellen wurden innen gereinigt und anschließend mit selbstklebendem schwarzen
Velour ausgekleidet.
Die Nivelierschrauben des Dreibeins und der Stativsäule waren teils angerostet und wurden auf einer Drehbank überarbeitet. Auf eine neue Lackierung der schwarzen Stellschrauben wurde verzichtet und kleine Lackschäden mit einem schwarzen, permanent Filzstift abgedeckt.
 


                     Dreifuß im Rohzustand


Die fertigen Einzelteile                       
Säule und Montierung sind mit blauem Hammerschlaglack lackiert. Kleine Lackschäden wurden mit einem Lackstift aus der KFZ Technik abgedeckt. Die Farbe passt natürlich nicht ganz, so dass die Korrekturen je nach Lichteinfall mal sichtbar oder eben nicht sichtbar sind. Der Okularauszug hat einen Zahnstangentrieb mit extrem wenig Spiel und der Möglichkeit einer Feinjustage. Er wurde gereinigt und neu gefettet.
 
Die Polhöhenfeinverstellung ist stabil, feingängig und stützt die Polachse der Montierung ab. Die Polhöhenskala ist relativ grob ausgeführt. Die Teilkreise und die zugehörigen Nonien zur Ablesung sind sehr fein ausgeführt und die schwarze Eloxage ist in einem hervorragendem Zustand. Ebenso die schwarzen Kunststoffgriffe sehen aus wie neu. Nicht vergleichbar mit modernen Produktionen, wo schon nach 10 Jahren die Eloxage stumpf wird und sich die Farbe ändert oder Kunststoff spröde wird und die vermutlich aus China kommen.
 


Die Polhöheneinstellung                
 
Die Deklinationsfeinbewegung erfolgt über ein Gewindeschraube mit feiner Steigung gegen eine stramme Druckfeder und ist absolut spielfrei. Sucherfernrohr, Lackerböcke und Teleskoptubus sind neu lackiert. Zubehör sind 4 Mittenzwey Okulage, Zenitprisma und ein Okularrevolver. "Erschreckend" für die heutige Zeit sind die kleinen Durchmesser der Augenlinsen der Mittenzwey Okulare. Selbst das 25mm Okular hat nur einen Durchmesser der Augenlinse von knapp 6mm, die Gesichtsfelder sind extrem klein.
 
Der elektrische Rektaszensionsantrieb

Für eine präzise Nachführung, wie sie z.B. bei fotografischen Arbeiten unerlässlich ist, ist die Montierung mit einem Synchronmotor 220 V/50 Hz mit Planetenradgetriebe ausgestattet. Auf eine feste Achsklemmung wurde verzichtet, die Übertragung auf das Schneckenradgetriebe erfolgt über eine Rutschkupplung, so dass die Achse auch bei laufendem Motor während der Beobachtung verstellt konnte.

Das Bild links zeigt eine Abbildung des Antriebes aus dem Original Butenschön Katalog. Das Bild rechts zeigt die Übertragung auf den Schneckeradantrieb der Stundenachse. Die Kopplung zwischen Motorachse und Schneckeradantrieb der Stundenachse erfolgt über eine kurze biegsame Welle. Das Bild rechts unten zeigt den gekapselten Antriebsmotor mit dem Planetengetriebe.

 


            Abbildung aus einem Orinalkatalog
                         der 60ger Jahre


Oben: Der Antrieb nach der Restaurierung
Rechts: Synchronmotor mit Planetengetriebe



Alles in allem steckt etwa eine Woche Arbeit in der Aufarbeitung dieses "historischen" Instruments. Ich finde die Zeit war gut investiert. Wieder ein Gerät vor dem Schrottcontainer gerettet. Und nicht zuletzt: Hut ab von der feinmechanischen- und optischen Fertigkeiten der Handwerker vor so langer Zeit.

Einen Bericht über weitere Restaurierungen solcher Instrument finden Sie bei Interesse hier: Und hier finden Sie einen ausführlichen Artikel von Elmar Remmert über die Geschichte der Firma Georg Butenschön in Hamburg - Bahrenfeld

Wolfgang Paech im Oktober 2022

« Der 90mm Butenschön Refraktor mit seiner Montierung Astronom II-VS. Abbildung aus einem Originalkatalog der 60ger Jahre



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